November 2024
Story
Der Architekt David Montalba wurde in der Schweiz geboren, wuchs aber in Kalifornien auf. Er wurde ein leidenschaftlicher Surfer, der sich in den Wellen des Pazifiks treiben liess – während er auf das Land blickte, spürte und hörte doch immer nur den Ozean um sich herum, tief verbunden mit der Natur. «Mit 12 oder 13 Jahren fing ich an zu surfen, und das war wahrscheinlich meine treibende Kraft, bis ich 18 oder 19 war», sagt er. «Dies brachte eine Art von Spiritualität in mein Leben. Damals fühlte ich mich am meisten mit der Natur verbunden und war wirklich ganz bei mir selbst ... Das ist für mich immer noch etwas ganz Besonderes. Es ist eines dieser Dinge, die einen erden und gleichzeitig auf einzigartige Weise mit der Natur verbinden können.»
Dieses Gefühl der intimen, spirituellen Verbundenheit mit der eigenen Umwelt bestimmt David Montalbas Architektur. Ja, sie ist wunderschön – voller eleganter Formen, Materialien und Details. Aber das Herzstück ist die menschliche Erfahrung. «Das Hervorrufen einer emotionalen Reaktion ist ein grosser Teil unserer Arbeit», sagt er, während er in dem strahlenden, gemütlichen Wohnzimmer seines Graoni Beach House sitzt, das an einem abgelegenen Strand von Malibu liegt und direkt an eine vielfältige, farbenprächtige Steilküste grenzt.
«Die Essenz der Architektur hat viel damit zu tun, wie wir uns in einem Raum fühlen. Es ist diese Wärme, die man spürt, oder die Energie, die der Raum einem gibt. Wir haben das Haus so gestaltet, dass es genau das zelebriert.»
Das mit der «Shou Sugi Ban»-Technik veredelte Haus, bei der das Holz durch kontrolliertes Anbrennen der Holzoberfläche haltbar gemacht wird, erhebt sich wie ein Pier auf Pfeilern über den Strand und betont das Land sowie das Meer. Die Bewegungen der Wellen bilden dabei einen Gegenpol zur Robustheit des Gebäudes und seiner Umgebung. Es erinnert an das Gefühl, das David Montalba als Surfer hatte – das Gefühl, frei zu sein und gleichzeitig vom Wasser, dem Land und der Küste umgeben zu sein. Alles ist genau darauf abgestimmt, ein warmes, angenehmes Gefühl des Wohlbefindens zu schaffen, eine spirituelle Verbindung mit dem Ort.
Das Innere des Hauses ist ein Musterbeispiel für einladende, perfekte Harmonie, die unterschiedliche Materialien, Oberflächen und Farbtöne miteinander verbindet und dabei sorgfältig die gegensätzlichen Kräfte ausgleicht – Schwere und Leichtigkeit, Offenheit und Schutz, Eleganz und Ungezwungenheit. «So wie das Meer, der Sand und die Felsen diese kontrastreichen Texturen und Stimmungen aufweisen, die wirklich zusammenpassen», sinniert David Montalba. «Es geht vor allem darum, dem Standort gerecht zu werden.» Und den Kunden natürlich auch. Es sind dies die Modeexperten Tony Graham und Dierdre Roffoni. «Sie sind Denker, sie sind kreativ», sagt David Montalba. «Sie wollen das Gefühl haben, mit der Natur verbunden zu sein. Sie reisen auch viel, und wenn sie mit ihrer Familie zusammen sind, wollen sie einfach nur Zeit miteinander verbringen. Ein gewisses Mass an Nähe war ein wesentlicher Aspekt der Überlegungen zum Haus. Deshalb gibt es eindrucksvolle, offene Räume, und es gibt Räume, die eher der Art und Weise entsprechen, wie man in einer Wohnung aufgenommen werden möchte», fügt er hinzu.
«Es geht vor allem darum, dem Standort gerecht zu werden.»
Ein kompakter Eingangsbereich führt zu einem geräumigen Wohn-/Ess-/Küchenbereich, von dem aus man durch grosszügige Sky-Frame-Türen, die zwar sehr präsent und doch irgendwie verborgen sind, einen weiten Blick auf das Meer hat, und dahinter befindet sich ein grosser Balkon mit Metallgeländer. Ein massiver Steinkamin schränkt den Blick auf das Meer teilweise ein und vermittelt ein Gefühl von ururzeitlicher Wucht. Ein Blickfang, der einfaches Handwerk mit präzisen Details verbindet. «Es ist ein sehr monolithisches Element. Und wenn man das Haus zum ersten Mal betritt, fällt er einem direkt ins Auge. Und das ist eine Art eindringlicher Moment in Sachen Architektur», sagt David Montalba. «Das steht im Gegensatz zu dem, was man sich unter einem Haus am Strand vorstellt.»
David Montalbas Erfahrungen in der Schweiz, wo er immer noch einen Grossteil seiner Zeit verbringt, prägen seinen Ansatz, eine Verbindung zur Natur zu schaffen. Dort, so stellt er fest, dreht sich alles um hohe Bäume, Berge und glitzernde Seen, ums Skifahren oder Wandern statt ums Surfen. Natürliche Materialien und Handwerkskunst. «In der Schweiz hat eine Handwerksausbildung eine viel grössere Tradition, und ich denke, dass wir hier mehr davon brauchen.» Die handgefertigten Steinelemente des Hauses verschmelzen mit den grossflächigen Holzoberflächen, die David Montalba als «eine einzigartige Möglichkeit, Wärme in ein Haus zu bringen» beschreibt. Er liebt «die subtilen Nuancen zwischen den Texturen und Tönen». So fügt er hinzu: «Manchmal sind sie ein bisschen abwegig. Ich denke, es geht darum, ehrlich zu sein und nicht zu versuchen, alles perfekt zu machen. Das trägt meiner Meinung nach dazu bei, dem Haus eine gewisse Lässigkeit zu verleihen, was uns wichtig war.»
Raum mit einer warmen, leichten Lässigkeit erfüllen, vergrössern den Raum und führen den Blick zum Meer, wobei sie mit ihren gestreiften Formen und weichen, wellenförmigen Maserungen eine kunstvolle Verbindung bilden. Grosse Fenster geben den Blick auf die Steilküste im Süden frei. Die durch die Sonneneinstrahlung erwärmten Dielenböden aus Douglasie sorgen für ein Wohlgefühl, wenn man keine Schuhe trägt. Eine lange Kücheninsel aus Marmor prägt die Nordseite. Eine höhlenartige Nische bietet einen kurzen Moment der Zurückgezogenheit. Die Kombination aus Ruhe und Kraft – geschlossene und offene Räume, geschwungene Elemente und komplizierte Details, gedämpfte Töne und markante Texturen – macht das Haus zu einem ruhigen, meditativen Rückzugsort, der dennoch das Auge und den Körper fasziniert. «Wenn man hier ist, tankt man automatisch auf», sagt David Montalba. «Man hört die Wellen. Man spürt, wie die Räume und der Ort einen umschliessen.»
Eine Treppe, die in die zweite Etage führt, wird durch umlaufende Oberlichter (die auch die warme Luft aus dem Haus ableiten) behaglich beleuchtet und ist mit Bücherregalen aus Holz eingefasst, sodass die Eigentümer ihre Vorliebe für Kunst, Design und Literatur, ihre Persönlichkeit sowie Erinnerungsstücke und Fotos ihrer Familie in Szene setzen können. «Wir schaffen einen Rahmen für unsere Kunden», erklärt David Montalba. «Eine Leinwand fürs Leben.» Im zweiten Stock wird der weite Blick auf das Meer durch überdimensionale Terrassen noch intensiviert. Das grosse Badezimmer bietet wiederum Blick auf die Steilküste – eine friedliche, aber inspirierende Szenerie aus Steinen, Flechten, struppigen Gräsern und Zypressen. «Man kann die Küste hinauf- und hinunterfahren und findet viele Plätze mit Blick aufs Meer. Aber ich denke, die Möglichkeit, die Dualität von Meer und Steilküste gleichzeitig zu erleben, ist wirklich einzigartig und besonders. Und in diesem Fall buchstäblich erdend», sagt Montalba. «Das Haus steht auf Pfählen und kann sich bewegen, und es wird sich möglicherweise bewegen. Aber die Steilküste wird sich nicht bewegen.»
«Wenn man hier ist, tankt man automatisch auf. Man hört die Wellen. Man spürt, wie die Räume und der Ort einen umschliessen.»
«Wir haben eine ganze Reihe von Häusern an der kalifornischen Küste gebaut», fügt er hinzu. «Ich denke, dies hier ist die einzigartigste Lage ... Ein Haus am Strand muss die elementaren Qualitäten seiner Umgebung aufnehmen. Die Essenz der Architektur hat viel damit zu tun, wie wir uns in einem Raum fühlen. Es ist diese Wärme, die man spürt, oder die Energie, die der Raum einem gibt. Wir haben das Haus so gestaltet, dass es genau das zelebriert ... Architektur hilft dabei, das eigene Leben zu gestalten ... die Art und Weise, wie wir die Welt sehen ... dieses Haus strahlt sowohl Ruhe aus, als auch ein Gefühl der Weite und der Sehnsucht, das es einem erlaubt, sein Leben Revue passiere zu lassen und gleichzeitig an die Zukunft zu denken.» Das bringt David Montalba zurück zum Meer und seiner Liebe zum Surfen. «Ich denke, das Surfen erinnert an diese Art von Vorstellung vom eigenen Platz in einer lebendigen, sich bewegenden Umgebung. Die Architektur ist das feste Element in der sie umgebenden Natur, die in Bewegung und im Fluss ist. ... Es ist wie die Erfahrung, auf einer Welle zu reiten oder unter einer Welle hindurchzutauchen und wieder hochzukommen. Es geht um die Verbindung aller Sinne. Das sind ganz besondere Momente, die uns bei unserer Arbeit wirklich inspirieren und motivieren.»
Film: Borís Noir / Text: Sam Lubell
«Das Hervorrufen einer emotionalen Reaktion ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit.»
David Montalba wurde in Florenz, Italien, geboren und wuchs in Lausanne, Schweiz und Carmel, Kalifornien, auf. Er besuchte das Southern California Institute of Architecture (B.Arch) und hat einen Master of Architecture der University of California, Los Angeles. David Montalba arbeitete mit renommierten Architekten wie Frank Gehry, Rios Clementi Hale (jetzt Rios) und Pugh + Scarpa (jetzt Brooks + Scarpa) zusammen, bevor er 2004 Montalba Architects gründete. Sein Unternehmen mit Niederlassungen in Santa Monica, Kalifornien, New York und Lausanne konzentriert sich auf die gemeinsame Erarbeitung von Ideen und Prozessen, die in den Projektkontext eingebettet sind, um neue Formen des Ausdrucks durch Raum und Massstab zu schaffen.