November 2024
Referenz
Das Prinzip der klassischen alpinen Schihütte wird vor dem Hintergrund der sich immer deutlicher manifestierenden Klimaveränderung zunehmend in Frage gestellt. Alpine Retreats erweitern heutzutage ihre Nutzungszeiträume auf das ganze Jahr und müssen auch von der Ausformung und Ausstattung her weit mehr können als die einstigen ländlichen Blockbauten. Wer außerhalb der Saison – und ob des Schneemangels zunehmend auch im Winter - Schigebiete bewandert, wundert sich häufig über die deplatziert wirkenden Gebäude, die inmitten der grün sprießenden Natur ihrer Funktion beraubt scheinen. Die moderne MountainCabin hingegen ist multifunktional, verbindet Nachhaltigkeit mit moderner Technik und fügt sich im besten Fall auch noch optisch perfekt in ihre Umgebung ein. Zwei herausragende Beispiele für diese neue alpine Bautypologie wurden gerade vom Architekten Dominik Aichinger in der Doppelrolle als Bauherr und Planer im Westen Österreichs entwickelt.
Im Herzen der Alpen, in der Salzburger Grauwacken Zone schmiegen sich die neu errichteten Objekte an einen sanft aufsteigenden Südhang. Die versetzte Anordnung der beiden Baukörper schafft nach innen gekehrten Zonen der Ruhe und Konzentrationen und öffnet sich nach vorne mit einem atemberaubenden Ausblick ins Tal. Die beiden puristischen Hütten verschmelzen schlank und schnittig mit der Landschaft und konterkarieren damit die umgebenden Alpenbarock-Chalets. Die durchscheinenden, rahmenlosen Glasfronten der Firma Sky-Frame alternieren an der Außenhülle mit zarten Holzlamellen, die wie Stämme oder Äste die Licht- und Schattenstrukturen der natürlichen Umgebung imitieren. In zarten Honigtönen, die alsbald in der Sonne versilbern werden, beruhigten schwarzen Zonen und den Spiegelungen des Himmels in den schier endlosen Fensterflächen lösen sich die Hütten von der Ferne betrachtet fast in der alpinen Landschaft auf.
Die von designkollektiv geplante Innenraumgestaltung folgt den puristischen Gestaltungsprinzipien der Außenhülle. Die bewusst abgesenkte Raumhöhe verlagert die Sichtebene auf Sitzhöhe und implementiert damit Gemütlichkeit - ein Raum zum Ausruhen, gemeinsam Kochen und Essen, zum Lesen, Nachdenken und in die Landschaft oder das offene Feuer schauen. Mit ihrer sanften natürlichen Tonalität reagiert die Raumatmosphäre auf die jahreszeitlichen Wandlungen der umgebenden Natur. Vor dem üppigen sommerlichen Farbenspiel im Außenraum nimmt sich die dezente Tönung des Interiors zurück, verblasst, beruhigt und kühlt. Im Gegenzug strahlt der Raum in den blassen Nuancen des Winters oder der Düsternis feuchter Herbsttage natürliche Wärme und zartes Kolorit aus.
Die rohe, raue und hier auch durchaus noch wilde Natur manifestiert sich in den wenigen puren Materialien in gezähmter Form. Holz, Metall und Stein, alle mit Ortsbezug - geschliffen, gebürstet, gehärtet, gebrochen oder zerrieben von den Elementen im heterogenen Spiel der Jahreszeiten – gefasst und veredelt finden diese in den Oberflächen ihre Entsprechung.
Die statisch wirksamen Elemente sind in schwarzem roh-brünierten Stahl gehalten und von ihrer Dimensionierung auf ein Minimum reduziert. Fast schon erschreckend schmal erscheinen die vereinzelten Stahlbrammen, über die sich die Sichtbetondecke des loft-artigen Hauptraumes spannt. Der Mittelbereich ist frei von optischen Zäsuren und erstreckt sich über eine Länge von rahmenlosen Fensterbändern begleiteten 15 Metern, an deren beiden Enden die mit hell pigmentiertem Lärchenholz verblendeten Funktionszonen platziert sind. Bis auf den monolithischen Küchenblock sind alle Kochutensilien dort verdeckt untergebracht. An der gegenüberliegenden Front verbinden zwei Pivot-Türen den Hauptraum mit dem mineralisch beschichteten Masterbad sowie dem ausladenden Schrankraum.
Eine ikonische Stahltreppe verbindet die beiden Wohnebenen miteinander. Im darunterliegenden Bereich befindet sich ein eigenständiges Apartment für die Kinder des Hauses, sowie das Entree, das optisch von dem mächtigen mattschwarzen Stiegen-Korpus bestimmt wird. So geschlossen geometrisch das Objekt in der Seitenansicht wirkt - in der Front löst sich die Stiege in hauchdünne Linien auf und berührt am Ansatz den Boden in nur einem Punkt. Dem räumlich mittig platzierten Funktionsblock sind Bad und Sauna, Stauraum, offener Kamin sowie eine Küchenzeile eingeschrieben. Das dahinterliegende Kids-Apartment bleibt dadurch frei und offen. Eine eingeschriebene Schlafnische bietet dort Raum für bis zu 4 Schlafplätze.
Im zweiten, leicht nach oben versetzen Gebäude sind drei weitere Apartments untergebracht, die von architekturaffinen Interessenten angemietet werden können. Dem reduzierten Gesamtkonzept folgend sind auch die Leuchten von Eggerlicht auf wenige, sorgfältig ausgewählte Objekte reduziert. Die indirekten, in die Möbel integrierten Lichtlinien erfüllen dabei Zusatzanforderungen, strahlen in spezieller Qualität und tragen damit zur Funktionsbeleuchtung bei.
Der Minimalismus der von designkollektiv geplanten und von der Tischlerei Grömmer umgesetzten Raumobjekte verlangte nach individuell entwickelten Details und höchster handwerklicher Perfektion in der Umsetzung.