Haus am Zürichsee II

Wenn Architekten heutzutage ihr Konzept für ein Wohnhaus erklären, bekommt man früher oder später dieselben Sätze zu hören: «Aussen- und Innenräume verschmelzen miteinander.» Oder: «Der Aussenraum wird nach innen geholt.» Überstrapazierte Phrasen, die Architekturjournalisten längst kein begeistertes «Oh» und «Ah» mehr abringen können. Grosse Fensterflächen, wie heute üblich, sind die Zündschnur für derartige Fabulierungen. Zugegeben, auch bei dieser Neubauvilla ist seitens der Zürcher Architekten Daniela Niedermann und Gabriel Walti einer jener Sätze gefallen. Aber: Hier hält die Metapher, was sie verspricht.

Betritt man den Wohnbau, der sich zur Strasse hin mit geschlossener Fassade abschottet, staunt man nicht schlecht: Kaum im Haus, steht man fast wieder draussen. Vis-à-vis der Eingangstür befindet sich ein kleiner, verglaster Innenhof mit Baum. «Es müsste sich um einen Amberbaum handeln», erklärt Gabriel Walti etwas zögerlich. «Zumindest hatten wir das so mal mit der Bauherrschaft besprochen», fügt er an. Für einen gesicherten Nachweis fehle es ihm allerdings an botanischen Kenntnissen, gibt er offen zu. Fakt hingegen ist: Der Lichthof mit Baum war der Ausgangspunkt für den Gebäudeentwurf der beiden 39-jährigen Architekten. Beauftragt wurden sie von einem jungen Paar mit zwei kleinen Töchtern, das sich von Anfang an für einen Neubau ausgesprochen hatte. Das alte Haus, das zuvor auf dem Grundstück stand, musste deshalb weichen. Auch bei der Materialisierung gab es klare Vorgaben: Beton, Glas und möglichst viel Weiss sollten es sein.
 

Um ihre Vorstellungen und Wünsche zu formulieren, lieferten die Auftraggeber entsprechende Referenzbilder, an denen sich die ­Gestalter orientieren konnten. «Die minimalistische Formensprache und die offene Raumstruktur, die ihnen­ ­vorschwebten, applizierten wir dann auf dieses Grundstück», so der ­Architekt. Es befindet sich auf einer ­Anhöhe. Von dort aus blickt man auf eine stattliche Trauerweide und dahinter auf eine grosse, unbebaubare Wiese, die als Landwirtschaftszone genutzt wird. Von Zeit zu Zeit weiden Kühe dort. In der Ferne kann man den ­Zürichsee und die Albiskette ­erblicken. Drei Jahre lang hatte das Bauherrenpaar nach solch einem Grundstück gesucht.