Dezember 2024
Referenz
Für seinen minimalistischen Bau hatte der Arzt und Unternehmer präzise Vorstellungen: Er wünschte sich einen lichtdurchfluteten Neubau mit sinnlichem Raumerlebnis, bei dem die umgebende Natur die Hauptrolle spielt. Der Bauherr beauftragte mehrere Architekturbüros, bis er in dem Interior Designer und Innenarchitekten Tobias Ackermann einen profunden Ideengeber fand, der seine Wunschvorstellungen auf den Punkt umsetzte. Die Materialisierung der Villa am oberen Zürichsee wollte er nur in erfahrene Hände übergeben. Den rund 460 m2 grossen Grundriss entwarf ein lokaler Architekt. Er führte die Gespräche mit den örtlichen Behörden. Beton als einer der vielseitigsten Baustoffe der zeitgenössischen Architektur war das ideale Material, um grosse Spannweiten zu überbrücken. Tobias Ackermann von Property One, einem exklusiven Immobilienunternehmen mit Standorten in Zürich, Zug, Basel und Ascona, übernahm das Redesign. Die Landzunge, auf der das neue Domizil steht, wurde künstlich aufgeschüttet mit Abraum für den Bau der Autobahn von Zürich nach Chur. Durch die Insellage haben die BewohnerInnen das Glück, von beiden Hausseiten auf das Wasser schauen zu können. Nach Süden grenzt das Grundstück an eine geschützte Bucht mit direktem Zugang zum Zürichsee, auf der anderen Seite liegt ein Naturschutzgebiet mit Schilflebensräumen für seltene Vogelarten und ebenfalls der See.
Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wohnte der Radiologe seit 2007 nur wenige Häuser weiter zur Miete. Als er sieben Jahre später erfuhr, dass eine nur wenige Meter entfernte Holzhütte mit 800 m2 Grund zum Verkauf stand, überlegte der Familienvater nicht lange, denn er und seine Frau kannten die Gegend und die Nachbarschaft ja bestens und wollten, wenn überhaupt, nur in dieser traumhaften Gegend bauen. «Ein Grundstück mit eigenem Seezugang und Blick auf die Berge des Glarnerlands kaufen zu können, zählt zu den absoluten Raritäten unweit von Zürich. Die meisten werden vererbt oder an Immobilienentwickler veräussert», erklärt der Bauherr. Bis zum eigentlichen Baubeginn im Jahr 2018 dauerte es vier Jahre. Der Aushub nahm ein halbes Jahr in Anspruch, eindringendes Grundwasser durch die direkte Lage am See machte eine aufwendige Betonwanne erforderlich. Der Arzt favorisierte ein puristisches Gebäude mit spannenden Blickachsen in die Landschaft. Es sollte aber trotz der maximalen Wohnfläche kein monolithischer Kubus werden. Viele Vor- und Rücksprünge und raffiniert gesetzte raumhohe Fenster schaffen Spannung und Transparenz. Die horizontale Auffächerung ist schon von der schmalen Zufahrt aus sichtbar: Die Kuben wurden im Obergeschoss so ausgeklügelt miteinander verwoben, dass sie ein Kreuz bilden. In den 90-Grad-Ecken entstanden vier unterschiedlich grosse Terrassen. Rauchglas-Brüstungen schützen die BewohnerInnen vor neugierigen Blicken. Neben dem Hauseingang liess Tobias Ackermann vertikal eloxierte Aluminiumstäbe vor das über Eck verlaufende Fensterband montieren. Sie lassen sich variabel verstellen und tragen dem Wunsch der BewohnerInnen Rechnung, trotz der Fenster ein Mindestmass an Privatsphäre zu haben.
Der trapezförmige Grundriss verjüngt sich zum See. So war nach Südwesten an der schrägen Längsseite genügend Platz für eine grosszügige Terrasse, die sowohl vom Garten als auch vom Living-Bereich begehbar ist. Von hier erreicht das Ehepaar über eine Aussentreppe das im Untergeschoss gelegene Atrium vor ihrem Wellnessbereich. Die vertikalen Metallstäbe dienen hier als eleganter Zaun und Absturzsicherung. Auf der anderen Längsseite docken ein Geräteschuppen und der Carport an. Der Hauseingang wurde zurückversetzt, um trockenen Fusses in das Gebäude zu gelangen. Der Bauherr entschied sich für das ikonische Glastürsystem Pivot von Sky-Frame, das sich auf einer asymmetrischen Achse öffnet: Die BewohnerInnen und BesucherInnen geniessen gleich im Entreé einen traumhaften Blick auf den See. Raumhohe Fensterelemente mit schmalen Profilen zum Garten und den in vielen Grünt.nen schimmernden See machen die Landschaft erlebbar. Sie ist nicht Kulisse — die BewohnerInnen leben mit der Natur. Auch für die Treppe gegenüber des Kinderzimmers hatte der Unternehmer exakte Vorstellungen: Leichtigkeit und Transparenz waren hier die Eckpunkte, die die Stiege erfüllen sollte. Sein Innenarchitekt konzipierte eine freischwebende Treppe, jede Stufe liess er einzeln an die Wand montieren. Als Absturzsicherung dienen dünne Stahlseile, die ein Schlosser auf Mass zuschnitt und dann zwischen Decke und Boden spannte. Glas wäre nicht infrage gekommen, denn es hätte zu kühl gewirkt. Im kompletten Haus wurden exklusive Dielen aus Douglasie der dänischen Marke Dinesen verlegt. Weil die massiven Hölzer mit weisser Lauge vorbehandelt sind und danach mit weiss pigmentierter olzbodenseife eigelassen wurden, wirken sie licht und hell. Holz ist ein wunderbarer natürlicher Werkstoff, der einen Raum belebt und gleichzeitig eine einladende Geborgenheit ausstrahlt. Seine Unregelmässigkeiten machen es so unverwechselbar und sind ein wohltuender Kontrast zur der reduzierten Einrichtung.
Die über 35 cm breiten Dielen wurden wie die Treppenstufen quer verlegt, um eine einheitliche Optik zu generieren und die Länge des Hauses mit über 18 m nicht noch zu betonen. Skulpturaler Blickfang ist der frei hängende Kamin von Focus. Hier hat er wirklich den Raum, den er braucht. Besonderen Wert legte Tobias Ackermann auf die Lichtinszenierung. Die Lichtschiene von Flos sollte deckenbündig eingebaut werden. Weil dies aus statischen Gründen nicht möglich war, liess der Kreative die Decke über dem Wohn- und Essbereich rechteckig abhängen. Auf diese Weise korrespondiert der Niveauunterschied des Bodens im Erdgeschoss mit der zweistufigen Decke. Bei den Farben dominieren klassisches Weiss, Anthrazittöne und Schwarz. Um den Esstisch gruppierte das Ehepaar den modernen Schalensessel «Husk», den Patricia Urquiola für B&B Italia entwarf. Die Steppmuster der Innenbezüge sind an die kapitionierte Form der Sitzschale angelehnt. Wunderbar flauschig ist der hochflorige Teppich. «Alles was runterfällt, findet man nie wieder», meint die Bauherrin mit einem Lächeln. «Für mich ist er der Zauberteppich.»
Auch die weisse Phoenix-Küche aus Italien von Poliform ist durch die schwebenden Unterschränke des Küchenblocks ein ideales Pendant zu der Architektur, die eines nicht sein soll: kompakt und schwer. Die eigentliche Arbeitsküche versteckte der Innenarchitekt hinter Schiebetüren. Der Designküchen-Experte Engelbert Muther aus Feldkirch in Vorarlberg hatte die Idee, ausserdem eine weitere Küche zu bauen, mit einem zweiten Geschirrspüler, Kochfeld, Kühlschrank, Spülbecken und einem Weinschrank. Sie ist komplett in Schwarz gehalten, um diesen Bereich von der Wohnküche optisch abzugrenzen. «Wenn Gäste kommen, lässt sich alles in diesem Raum verstecken», erklärt der Bauherr. Die italienische Wohnästhetik und pure Architektur der Wohnzone bleibt so auch bei mehrgängigen Menüs erhalten.
Im Obergeschoss wurde die Farbwelt und Materialwahl beibehalten, damit sich die optische Ruhe durch das ganze Gebäude zieht. In der Lounge mit der Übereck-Verglasung schweift der Blick über das Naturschutzgebiet mit Gräsern und Mohnblumen im Sommer und den Zürichsee auf das andere Ufer. Hier kann das Paar nach einem anstrengenden Praxistag abschalten und Ruhe finden. Auf Schritt und Tritt dabei ist die kleine Malteserhündin, sie sorgt bei jedem in der Familie für gute Laune. Eine raumhohe Schiebetüre führt von der Lounge auf eine der Terrassen. Daran schliesst sich eines der beiden Kinderzimmer an. Der Master-Bedroom mit angrenzender Ankleide liegt nach Südosten. Ein kleiner Flur verbindet die Schlafzone mit dem Duschbad. Zum Relaxen zieht sich die Familie in ihr Souterrain zurück. Pure Entspannung bietet die bodenebene Walk-in-Dusche mit zwei Rainshower-Paneelen und Schwallbrause. Die luxuriösen italienischen Mosaikfliesen schimmern in vielen Brauntönen. Die Sauna «Aurora» von Klafs daneben bietet ein einzigartiges Wellnessvergnügen. Highlight des edlen Nussbaum-Interieurs mit seinen schwerelos wirkenden Liegeflächen ist die extravagante Lichtdecke «Euklid». Die terrassierten Hölzer sind alle mit LED-Lichtbändern eingefasst, die eine zauberhafte Stimmung erzeugen.