From Window to View
Erkundungen auf dem Pfad der modernen Architektur | Teil eins
von Lennart Franz
Das Fenster scheint heute eine paradoxe Existenz zu führen: Je weniger präsent es ist, desto exzellenter erfüllt es seine Bestimmung. Besonders gewertschätzt werden jene Fabrikate, die gänzlich abwesend scheinen. Fast umgekehrt verhält es sich hingegen mit den Ansprüchen, an moderne Fenster. Was sie heute leisten müssen, erhebt sie zu Verwandten neuester High-Tech-Geräte: Stabilität, Helligkeitsregulierung, Wärmeisolation, Schallschutz, Bedienbarkeit, Sensorik, Vernetzbarkeit und vieles mehr enthält der Wunschkatalog heute.
Ein Kontrast, der ahnen lässt, wie es um das unscheinbare Ding – durch das wir zwar hindurch, es selbst aber selten bewusst sehen – bestellt ist und wie komplex es wirklich ist. Was in mechanischen Belangen schnell augenfällig wird, weist im Verborgenen eine der diversesten und faszinierendsten Entstehungsgeschichten in der Architektur auf. Die zeigt: Fenster sind das Gegenteil simpler Bauelemente. Sie sind vielmehr diejenigen Elemente, die subtil das ermöglichen, was uns als zeitgemäßes Wohnen, Arbeiten und Leben selbstverständlich erscheint.
Wie kann es dann sein, dass das Fensters, dessen An- oder Abwesenheit die Schwelle zwischen Großzügigkeit und Pferch hütet, so wenig beachtet wird? Wird Architektur denn nicht eigentlich zwischen vier Wänden und einem Dach verhandelt? Eine rhetorische Provokation, der der Architekt Reinier De Graaf – Partner beim berühmten Office for Metropolitan Architecture – in seinem Buch „Four Walls and a Roof“ nachgeht und gleichzeitig den Status Quo der Architektur kritisch hinterfragt. Meist ist die Wahrnehmung der Disziplin eher selektiv. Ihr Bild wird von populären Fassaden, Gebäudeformen und Kontroversen dominiert. Nach Wand und Dach verliert sich das Interesse häufig. Und das obwohl Fensteranlagen sich mit ihren Möglichkeiten heute - technischen, operativen und ästhetischen – näher denn je an Science-Fiction bewegen. So drängt sich die Frage auf, ob der schlichte Begriff „Fenster“ und dessen Assoziationen, der Sache noch gerecht wird? Muss dieses komplexe Element mittlerweile nicht anders gedacht werden?
Mit „A view, not a window.“ bezieht Sky-Frame eine klare Haltung zu dieser Frage. Ein Ethos, in dem ein zeitgemäßer Bezug zum Fenster und den Möglichkeiten dessen, was es leisten und bedeuten kann, konsequent verankert ist. In ihm erweitert sich die Idee vom Fenster in den Raum. Abseits von funktionalen und formalen Konventionen befreit dieses Motiv Räume und architektonische Konzepte von ihren Limitierungen.
Sein ideelles Vorbild findet der Ansatz in der Idee vom „fließenden Raum“. Eine Idee, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts das architektonische Establishment aufrüttelte. Der populärste Protagonist dieses Wettstreits der Ideale, ist das Bauhaus. In ihm verdichten sich die Vision vom neuen Bauen und vom fließenden Raum. Doch woher rührten die Ambitionen, die plötzlich ein radikales Umdenken in der Architektur einleiteten? Wie ist die Geschichte hinter den berühmten Formeln beschaffen und wer sind ihre geistigen Schöpfer?
In den Stories zur Moderne begibt sich Sky-Frame auf die Suche nach den Ursprüngen seiner Leitidee und der reichhaltigen wie komplexen Geschichte hinter dem Motiv, das die Güte und den Innovationswillen seiner Kollektion ausmacht. Und gewährt gleichzeitig Einblicke in die Entstehung des Fensters und warum moderne Architektur ohne dieses Element nicht denkbar ist.
Von Löchern zu High-Tech
Obwohl das Ideal des fließenden Raums erst im Zuge der Bauhaus-Ära formuliert wurde, erscheint es jedoch bereits in antiken Bauten. Am deutlichsten zeigt sich das Konzept in klassischen Tempelbauten: Säulen verbanden Fundament und Dachkonstruktionen und ließen den Baukörper offen. Ein Konzept, das dem religiösen Kontext des Gebäudes, sowie dem mediterranen Klima seiner Heimat entspringt. Um andernorts eine gleichartige Offenheit der Räume denkbar zu machen, bedurfte es der erstaunlichen Evolution des Fensters.
Überreste antiker Gebäude im ehemaligen Persien zeigen die Vorfahren der Fenster: Schlitze und Löcher die dem Lichtein- und Rauchauslass gedient haben müssen. Die frühen Proto-Fenster waren besondere Orte häuslicher Alltagskultur. Der um 400 vor Christus geläufige Sanskrit-Begriff „Ramate“ bedeutet „Ort der Ruhe“ oder „Ort an dem die Frauen ruhen“. Funktionale Konnotationen erscheinen noch zweitrangig. Ungefähr zeitgleich findet sich mit dem lateinischen „Finestra“, als Bezeichnung für ein Loch in der Wand, der klangliche Vorfahr des Fensterbegriffes. Von Verglasung noch keine Spur, entschied man sich für die Bespannung mit Tierhäuten, Stoffen und Pflanzenfasern; gegen Witterung und unerwünschte Aufmerksamkeit. Erst 500 Jahre später beginnt mit dem römischen „Fenestra“ – dessen Bedeutung erstmals das Vorhandensein von Glasscheiben explizit einschloss – die Geschichte des konventionellen Fensters.
Als „Rama“, althochdeutsch für „Fenster“, gewinnt dieses circa 1000 nach Christus weitere Bedeutungsnuancen hinzu. Nicht mehr nur eine Öffnung oder ein verglaster Rahmen, ist das Fenster jetzt ein struktureller Funktionsträger und meint „Stütze“ und „Verstärkung“. Ab dem 11. Jahrhundert kommt die Entwicklung des Flachglases in Schwung. Innovationszentrum der Technologie ist später das England des 17. Jahrhunderts. Die zügige Verbesserung der Glasproduktion erweiterte das Größen- und Anwendungsspektrum industrieller Gläser. Eine erste wichtige Rolle beim Baueinsatz erhielten größere – damals noch segmentierte – Glasflächen bei der Neuverglasung des Banqueting House des englischen Herrschersitzes Palace of Whitehall. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erfreuen sich die Glasfabrikate wachsender Beliebtheit. Die Weltausstellung 1851 wird im Londoner Crystal Palace in einem – sensationell – gänzlich gläsernen Gebäude ausgerichtet.
Möglich machten dies Gebäude, die nicht mehr von gemauerten Tragwerken abhingen: Stahlskelettkonstruktionen und zusehends vielseitigere Flachgläser gewährten Architekten ungeahnte Spielräume. Das ausgehende 19. Jahrhundert bestückt unermüdlich die Zeughäuser dessen, was sich in wenigen Jahrzehnten zur klassischen Moderne verdichten wird. Die Zukunftseuphorie der Industrialisierung, ihre Verheißungen und auch die rasanten Veränderungen in Leben, Gesellschaft und Politik befeuerten die technischen Neuerungen. Diese soll nichts geringeres Vollführen als die „Transformation der Menschheit“, fand auch Autor und Vorvater des Science-Fiction Paul Scheerbart. Realisieren soll dies eine reformierte, modernisierte Architektur. In einer neuen, „gläsernen Umwelt“, sollte diese Verwandlung stattfinden, schrieb er 1914. Sein literarisch verfasstes Ideal zeitgemäßen Bauens mit utopistischem Anklang entzündete den Schöpfungswillen einiger Zeitgenossen. Im selben Jahr entwirft der Architekt Bruno Taut den Glas-Pavillon für die Kölner Werkbund Ausstellung.
Mit ihrem einzigartigen Umfang, machte die Ausstellung weltweit von sich reden. Nach ihrer Eröffnung am 15. Mai 1914, sollte sie der internationalen Öffentlichkeit die Zukunft von Kunsthandwerk und Architektur präsentieren. Während auf dem Rheingelände Exempel neuer Formgebung und neuen Bauens zelebriert wurden, entluden sich auf der politischen Bühne Europas schwelende Konflikte im ersten Weltkrieg. Bevor die Visionen der Ausstellung gedeihen konnten, holten sie die Wellen der Politik ein und erstickten die frühen Regungen Moderne.
Walter Gropius, Verfechter neuer Architektur
Das der Siegeszug neuer Ideale in Architektur, Kunst und Leben dennoch bloß aufgeschoben war, lässt sich an einem der populärsten Protagonisten der Moderne nachvollziehen. Bereits vor der Zuspitzung der Ereignisse im Sommer 1914 finden wir Tradition und Avantgarde als diametrale Pole einander gegenüber. Eine Esse historischer Scherkräfte, die auch Walter Gropius faszinierten. Mittels Architektur, entschied er sich, den gesellschaftlichen Status Quo nachhaltig zu verändern. Das die Baukunst Gropius‘ Mittel der Wahl sein sollte, scheint im Lichte der historischen Situation eigentümlich. Besieht man sich jedoch den gropius’schen Werdegang wird flugs klar, weswegen er die Architektur, Waffen und Politik vorzog. Seine Visionen sollte er in der Gründung des Bauhauses kanalisieren.
Die Veranlagung Gropius zur bekanntesten Vaterfigur der Moderne und ihrer vielgestaltigen Echos, findet früh ein fruchtvolles Umfeld. Der Vater, dem Gropius 1883 im Berliner Tiergartenbezirk geboren wird, war selbst Architekt und preußischer Baurat. Auch sein Onkel Martin Gropius war bereits allseits geschätzter Architekt und Akademiker. Inmitten der Baumanie der expandierenden Metropole war Gropius früh von den Eindrücken lauter und rauer Baustellen neue entstehender Gebäude umgeben. Ganz anders verhielt es sich mit den Impressionen der familiären Sommerreisen zum Timmendorfer Strand. Wo sich in Berlin allerorten die ungeschönten Geburtswehen neuer Bürgerhäuser zeigten, sah Walter Gropius hier ausschließlich ihre gediegenen Resultate. Genauso ergriffen hat ihn wohl der Anblick des neu errichteten Berliner Kaufhauses Tiez. Es stach unter seinen Zeitgenossen durch die ausufernde Glasfassade hervor: Zum ersten Mal erstreckten sich Schaufenster über mehrere Stockwerke und waren breit wie Markthallen. So präsent war die Architekturaffinität im Milieu der Familie Gropius, dass es nicht verwundert, dass Walter Gropius selbst Absichten entwickelte, eine gebaute Signatur in der Geschichte zu hinterlassen. Doch verliefen seine ersten Gehversuche nicht reibungslos: 1903 begann er ein Architekturstudium in München, welches er aber bald unterbrach.
Stattdessen widmete er sich praktischen Unternehmungen: Auf den Ländereien seiner Verwandtschaft östlich der Elbe, sollte er die wachsenden Familiengüter mit den nötigen Zweckbauten bestücken. Der Einstand in die architektonische Berufswirklichkeit fiel also eher rustikal denn gediegen aus. Dennoch fand er seine Begabung und adaptierte schnell den preußischen Befehlston. So dirigierte er die Bauarbeiten und ist vom schneidigen Tonus derart angetan, dass er 1904 einem Husarenregiment beitrat. Mit neuem Siegeswillen nahm Gropius das Architekturstudium in Berlin wieder auf und seinen Abschluss in den Blick.
Nach fünf Jahren brach er das Unterfangen jedoch ohne Abschluss ab. Eine glückliche Fügung verhalf ihm während einer Findungsreise durch Spanien zur Bekanntschaft mit Karl Ernst Osthaus in Madrid. Der Architektur-Aficionado mit Hang zum Utopischen wurde Gropius wichtigster Förderer. In dessen kritischen Reden über das akademische Architektur-Establishment – die sich aus seinem problematischem Studienverlauf ergeben haben mag – sah Osthaus den Funken eines neuen Architekturverständnisses. Sturer Historismus und das Versagen überalterter Kultur- und Gesellschaftsformen könne nur durch die Wiedervereinigung von „Kunst und Leben“ erreicht werden, inspirierte er Gropius.
Auf Osthaus Vermittlung hin trat Gropius 1908 eine Stelle im Babelsberger Büro von Peter Behrens an. Behrens Büro, welches vor allem für seine Industriebauten, wie die Berliner AEG-Werke bekannt wurde, kann als Kaderschmiede der Moderne gelten. Hier kreuzten sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Wege bedeutender Architekten in Spe: Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und auch Charles-Édouard Jeanneret-Gris – später Le Corbusier – arbeiteten in den Räumen von Peter Behrens. Die industrielastige Art der Aufträge des Behrens’schen Büros haben das gestalterische Denken Gropius‘ so unbewusst wie nachhaltig beeinflusst.
Während Walter Gropius bis 1912 dann als selbstständiger Gestalter Aufträge vom Tapeten- bis zum Industriemaschinen- und - warenentwurf ausführte, wurde er schon 1910 von Osthaus zum Werkbund geholt. Seine Tätigkeit als Kurator von Beispielen exzellenter Industriegestaltung war für seine Auffassung zeitgemäßen Designs richtungsweisend. Später sollte er sich der programmatischen Unterscheidung zwischen rationalisiertem, systematischem Entwerfen und dessen Gegenpolen in besonderer Art widmen. Parallel firmierten ähnliche Ansätze bereits unter Begriffen des „Neuen Bauens“ und der „Neuen Sachlichkeit“. Beide Konzepte sollten Eingang in den ideologischen Alchemismus finden, aus dem später die Bauhausideologie hervor ging. Auch sein Ideenrepertoire erfuhr durch seine Werkbundzeit erhebliche Zuwächse. Dort begegnete er dem führenden Architektenzirkel dieser Zeit. Ikonen wie Peter Behrens, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich, Bruno Paul, Hermann Muthesius und Henry Van de Velde, beflügelten nicht nur seinen Karriereeifer, sondern auch sein politisches und rhetorisches Geschick.
Getragen vom Charisma der Architekturelite, der Aura verglaster Industriebauten und dem Glauben an die Unfehlbarkeit rationaler Architektur, entwarf Gropius 1911 mit Adolf Meyer die Fagus-Werke. Der Entwurf von Gropius und Meyer manifestierte einen bedeutenden Schritt in Richtung moderner Stahl- und Glasarchitektur. Profitiert hat der Bau von neuen Verfahren der Stahlskelettbauweise. Sie bot die Freiheit, auf große Flächen geschlossenen Mauerwerks, zugunsten einer Vorhangfassade aus Flachglas, zu verzichten. Gleichzeitig handelte Gropius mit seinem Entwurf auch der üblichen Ecktypologie von Gebäuden zuwider. Durch das Herumführen der Glasflächen um die Ecken, stilisierte Gropius ein bislang anonymes Detail zur revolutionären Geste: Mit dieser „Offenen Ecke“ bricht er aus dem Kanon der Trutzigkeit aus und verschaffte der Architektur eine ungekannte, erhabene Leichtigkeit. Grade dieser Kontrast machte sein Fagus-Werk zum international wirksamen Symbol der modernen Architektur. Mit dem Beitrag einer Musterfabrik von Gropius und Meyer zur Kölner Werkbundausstellung knüpfte Gropius’ Geschichte 1914 an die Geschichte der frühen Moderne und ihrer vorzeitigen Betäubung durch den Kriegsausbruch an.
Von seinem Frontdienst kehrte er 1918 verwundet, hoch dekoriert und seiner letzten Sympathien für jeglichen konservativen Habitus und dessen Manifestationen in Kultur und Bauwesen zurück. Unter den Eindrücken seiner Erlebnisse wandte er sich gegen jene Kräfte, die die Zerstörung in Europa und der Welt verantwortet hatten. Als Mitglied des Arbeiterrates für Kunst stritt er während der Novemberrevolution um so energischer für die Revolution der Gesellschaft unter dem Leitbild der Architektur. Zur Blüte gelangte sein Engagement jedoch erst durch seinen Aufstieg zum Leiter der Hochschule für Bildende Kunst in Weimar. Für die Position hatte ihn sein ehemaliger Werkbundgefährte Henry van der Velde vorgeschlagen, den er als Direktor des Hauses beerbte. Seine Überzeugung von der Überlegenheit einer institutionalisierten Avantgarde für Architektur sollte nun realisiert werden. Die Großherzoglich-Sächsische Institution benannte er 1919 in „Staatliches Bauhaus in Weimar“ um und begann seine Reformvisionen zu verwirklichen.
Das Bauhaus – Nukleus der Moderne
Im Bauhaus verpaarte Gropius eine puristische Avantgarde mit dem neuesten technischen Rüstzeug. Die Entkopplung von Statik und Wand hatte er sich bereits beim Fagus-Werk zunutze gemacht. Diese Freiheit, die neben der planerischen auch intellektueller Art war, implementierte er systematisch in seine Bauhauslehren. Die Verquickung von Bauen und Leben wurde neu denkbar. Als Leiter des Bauhaus kreierte Walter Gropius ein System zur Ausbildung modern denkender und gestaltender Architekten. In seinen Lehrplänen und Konzepten verschmolzen seine Erfahrungen und Visionen zu den Ingredienzien der Moderne.
Die Entstehung des Bauhaus profitierte von Gropius‘ intellektuellem, politischem und fachlichem Instrumentarium. Mithilfe dessen navigierte er das Bauhaus in seiner Frühphase durch die Unwegsamkeiten politischer und wirtschaftlicher Widerstände. Auf dem Weg zum akademischen Apparat, scharte Gropius Gleichgesinnte um sich: Reformer und Avantgardisten aus unterschiedlichen Disziplinen und Ländern Europas sollten die Lehrpläne bespielen. Markantes Merkmal war die programmatische Abkehr von jeglichem Historismus und traditionsverliebter Handwerksromantik. Das Curriculum sollte die Reduktion von Funktionalität und Form auf eine ideale Balance zwischen Zweck und Erscheinung vermitteln.
Neben den strukturellen und inhaltlichen Ausrichtung, war vor allem die konsequente Systematisierung der Lehre neuartig. Sie fußte auf einer stufenweisen Vermittlung von Kenntnissen, die die Schüler zugleich im originären Denken ausbilden sollte. Ideologische Setzungen, Imitation und Normierungen wurden zugunsten der individuellen Entwicklung der Studierenden abgeschafft.
Nach der Etablierung einer interdisziplinären Ausbildung, sollte im Rahmen der ganzheitlichen Lehre auch das Kulturelle nicht zu kurz kommen. Dies war jedoch kaum zu befürchten: Im Gegensatz zum hierarchischen Lehrtonus dieser Zeit, existierte in Weimar eine rege Diskurskultur, aus deren Wiege wie von selbst neue Ideen entsprangen. Auch die herrschende Gemeinschaftskultur brach aus der preußisch gefärbten Linearität höherer Bildungseinrichtungen aus: Statt Staatsfeiertagen gab es Kulturveranstaltungen, Feste und man etablierte einen regelrechten Kalender ritualähnlicher Veranstaltungen. Dies schuf jedoch keine Enklave mit geheimbündlerischer Anstrich, sondern eine offene Kulturplattform. Das Bauhaus machte sich anschlussfähig und für die Öffentlichkeit zugänglich. Nicht zuletzt ein politischer Schachzug, um die Schule bekannt zu machen. Gerade die berühmt berüchtigten Fester der jungen Avantgardisten wurden früh zu Medienereignissen. Gestalterisch nahm die Produktivität der Schule jedoch erst Fahrt auf. Projekte wie das bekannte „Haus Sommerfeld“ und das „Musterhaus am Horn“, bestimmten die Baupraxis der Weimarer Zeit. Der Entwurf des Haus Sommerfeld wirkte gegenüber der typischen Bauhausästhetik fast noch unspezifisch. Deutlicher zeigte sich diese im „Musterhaus am Horn“.
Es lässt bereits den Systemgedanken und die Effizienz eines formalen Reduktionismus erkennen. Die Anwendung von Fensterflächen und die formale Komposition des Baus wirkt gegenüber dem Haus Sommerfeld fast wie ein Quantensprung der Entwurfsarbeit. Viel deutlicher charakterisiert sich in dem exemplarischen Bau für die Bauhausausstellung 1923 der Geist des Bauhaus: Kubisch, funktional und günstig war das Haus, welches auch erstmals effektiv aus der interdisziplinären Zusammenarbeit aller Lehrwerkstätten hervorging.
Doch die Realisierung weiter Projekte wurde durch die Veränderung des politischen Milieus in Weimar gestört. Wiedererstarkte konservative Kräfte versuchten die Schule politisch und wirtschaftlich auszutrocknen. 1925 wurde das Bauhaus nach Dessau gezwungen. Nach der Umsiedlung erweiterte sich das Tableau typischer Bauhausbauten jedoch rasch und auch das Produktdesign florierte. Verantwortlich waren dafür vor allem jene Namen, die auch nach dem Aus der Schule für das Bauhaus stehen sollten. Marcel Breuer, Mart Stam und Ludwig Mies van der Rohe trieben die Bauhauskollektion mit minimalistischen Möbelentwürfen voran. Architektonisch legte der Direktor selbst Hand an: Sein Entwurf für die Unterbringung des Instituts repräsentierte die typischen Merkmale der Bauhausarchitektur. Die 1926 eröffnete, kubische Glas- und Stahlkonstruktion bildete damals die Essenz des „Neuen Bauens“. Neben dem Baukörper des Fagus-Werks trägt das Bauhaus Dessau am deutlichsten die Signatur der Moderne. Ihr prägnantestes Merkmal: die Abwesenheit von Merkmalen. In die Reihe dieser Beispiele gliedern sich auch Gropius‘ Meisterhäuser ein.
Ein nächster Schub bei der Ausdifferenzierung des Bauhauses stellte sich 1928 mit dem Rücktritt von Walter Gropius als Direktor und Leitfigur ein. Sein Nachfolger wurde der Architekt Hannes Meyer. Unter seiner Führung verstärkte sich die Konzentration der Lehre auf das Fach Architektur. Nach Auffassung Meyers war die Ausrichtung der Schule über die Jahre zu elitär geworden. Als Gegenmaßnahme gab er den Leitspruch „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ aus und verankerte darin einen volksnahen Gestaltungsethos, der das Bauhaus leiten sollte. In den Jahren bis 1930 arbeitete Hannes Meyer an der Transformation der Schule zum Hort eines sozialidealistischen Funktionalismus. Architektur und Design sollten zum Wohle der Massen praktiziert werden.
Diese Haltung geriet ins Fadenkreuz der Bauhausgegner im prekären politischen Umfeld dieser Zeit. Als kommunistische Kaderschmiede verachtet, wollte man das Bauhaus in Dessau demontieren. Mit der Machtergreifung der NSDAP wurde Hannes Meyer von seinem Direktorenposten geräumt. Ludwig Mies van der Rohe übernahm die Leitung der Schule. Trotz fortdauernder Schikanen gegen Lehrer und Schüler, arbeitete van der Rohe unermüdlich an der Bewahrung des Bauhauses. Ein letzter Versuch dessen bestand in der Verlegung des Bauhauses nach Berlin und der Privatisierung der Einrichtung. So hoffte van der Rohe das Haus aus dem politischen Schlaglicht zu rücken. Da das Bauhaus mit seinen freiheitlichen und avantgardistischen Grundsätzen nationalistischen Ideen zuwiderlief, wurde es 1933 entgegen aller Mühen zur Selbstauflösung gezwungen.
Trotz der Drastik der Ereignisse bedeutete die Auflösung der Institution nicht das Ende des Bauhauses. Das Zerschlagen der Einrichtung verstreute deren Vertreter auf der ganzen Welt. Die gewaltsame Ent-ortung des Bauhauses führte so zu seiner bis dato effektivsten Verbreitung. Das Bauhaus wurde zum internationalen Phänomen und ging in der Moderne auf.
(Foto: National Photo Collection of Israel) Federführend bei der Errichtung der Bauten war der Tel Aviver Bürgermeister Meir Dizengoff, der auch Paten für den „Dizengoff Square“ stand, an dem sich viele der neuen Bauten konzentrierten. (Foto: Nitza Metzger Szmuk)
Die Moderne als internationale Vision
Das primäre Vermächtnis des Bauhauses liegt nicht in der Produktion zahlloser Bauten, die zum Beweis seiner Führungsrolle in der Moderne dienen. Viel mehr liegt es in einem Zündfunken, der eine nie dagewesenen Diversifizierung architektonischer Typologien anstieß.
Walter Gropius, seine Mitstreiter und das Bauhaus hatten die grundlegende Palette jener Elemente erschaffen, aus denen sich bis ins späte 20. Jahrhundert die Moderne fortlaufend ausdifferenzieren sollte. Charakteristisch dafür waren die großzügigen Fensterbänder, Vorhangfassaden, aufgelösten Ecken, optische Leichtigkeit und die zunehmende Transparenz von Gebäuden. Darin bestand das wohl radikalste Merkmal: Die Erschaffung von Räumen in denen Außen und Innen auf einmal ineinanderflossen. Auch auf ideeller Seite war die Innovationsmenge luftiger, leichter, heller, funktionaler und offener Ansätze unübertroffen. Die konzeptionelle wie ästhetische Konstante der Entwürfe, bildet sich deutlich in der Idee des „Fließenden Raums“ ab. Eine Idee deren Gedeih – so sie nicht explizit von Gropius selbst benannt worden war – gleichwohl durch sein Streben nach neuem architektonischen Denken und Handeln, gefördert wurde.
Die von ihm gegründete Schule sorgte zudem für eine überfällige Disruption des Gestaltungs-Establishments. Mit der Beseitigung überalterter Berufsbilder und Vorstellungen lockerte das Bauhaus den geistigen und gesellschaftlichen Boden für die zukünftigen Schöpfungen seiner Vertreter überall auf der Welt. Das Bauhaus hat der Moderne den notwendigen Nachdruck und eine symbolische Strahlkraft verliehen – als akademische Einrichtung nicht zuletzt auch die notwendige Authentizität. Nur die Summe all dessen ermöglichte die Entwicklung, Variation und Schärfung der Moderne und ihren bedeutenden Einfluss auf das Raumverständnis und die Ästhetik der Gegenwart.
Mit ihrem zeitlosen Design berühren die Kreationen von Sky-Frame die ideellen und ästhetischen Visionen des Bauhauses. Motiviert von der inspirierenden Geschichte der Moderne, haben sich die schlanken Swissmade-Fenster allerdings auch von ihren Vorbildern emanzipiert und sind selbst zum Meister geworden. Mehr als zwei Jahrzehnte begleitet das Team um Firmengründer Beat Guhl die Evolution der Architektur und die Veränderung jener Einflüsse, die die Disziplin und ihre Vertreter vor immer neue Herausforderungen stellen. Über die Zeit verdichtete sich so die Expertise des Frauenfelder Unternehmens zu einem tiefen Verständnis von Architektur, Raumgestaltung und neue Technologien. Nur mit einem wachen Blick – auch für die sublimsten Veränderungen und mögliche Potentiale – lässt sich mit maßgeschneiderter Funktionalität, technischem Know-How und ästhetischer Güte an die Philosophie der Moderne anknüpfen.
Die sacht laufenden Schiebefenster, die sich fast unsichtbar in jeden Baukörper einfügen, öffnen zwar Räume wie Gebäude und machen erhabene Landschaften zum Teil des eigenen Heims. Aber nur die Empfänglichkeit für Inspiration und unermüdlicher Innovationswillen gebiert diese Elemente, die Räume, Gebäude und ganze Viertel offener gestalten und auf diverse Arten Zugänglichkeit und Funktionen realisieren. Nur wer die Komfortzone ausgetretener Pfade und generischer Baulösungen verlässt, kann Architekten, Bewohner und Gemeinden ermächtigen, zukunftsorientiert zu denken und zu handeln. Hierfür sind die innovativen Konstrukte aus feingliedrigen Rahmen, High-Tech Gläsern und deren Vernetzbarkeit unersetzliche Instrumente. Sie können dem ästhetischen Plaisir atemberaubender Panoramen und dem Wunsch nach Freiheit und Weite dienen – sie können aber auch schützen und, wie Sky-Frames Hurricane-Kollektion, Geborgenheit in den unerbittlichsten Situationen gewähren. Beides ist eng verwoben mit der Kraft und der Schönheit der Natur. Damit diese fortbestehen kann, verbessern die Schweizer ihre Produkte kontinuierlich: Technologische Exzellenz und ein sensibler Umgang mit allen Ressourcen ermöglichen es, dass ein fließender Raum auch zwischen modernen Lebensweisen und einer gesunden Natur existieren kann.
Die Quelle der Inspirationen und eines unermüdlichen Antriebs ist die Historie der Moderne und ihre zahlreichen Utopien. Eine Geschichte, die jedoch keineswegs beim Bauhaus endet. Stattdessen beginnt die signifikante Entwicklung der Moderne mit der Globalisierung der Bauhausidee. Überall auf der Welt entwickelten Planer die Idee einer humanistischen Architektur zu einer ästhetischen wie ethischen Charta zukunftsfähiger Gesellschaften. Aus dem Reigen bedeutender Architekten und ihrer Schöpfungen sticht eine Ikone prägnant heraus. So er auch Zeitgenosse des Bauhauses war, ging der Architekt Richard Joseph Neutra eigene Wege bei der Interpretation moderner Ideen. Seine Art, Architektur – deren Motive und Zwecke – in die Zukunft zu führen, wird die Geschichte der Moderne und die Metamorphose des Fensters vom Artefakt zum Statement – von „Window to View“ – weiter entschlüsseln.